Geislingen. Zwei verletzte Polizeibeamte, Sachschaden von 15 000 Euro und ein für die Geislinger Geschäftswelt versauter Ostersamstag. Das ist die Bilanz der Demonstrationen in der Geis-linger Fußgängerzone.

Zuerst verlief alles in weitgehend geordneten Bahnen, dann eskalierte die Situation doch noch. Es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen nach einer Demonstration von Neonazis und Gegendemonstranten in Geislingen. Hinter dem Finanzamt an der Helfensteinstraße musste die Polizei eine Blockade von Nazigegnern räumen. Wie der Geislinger Revierleiter Manfred Malchow mitteilte, wurden beim Rückmarsch der Rechtsextremen zum Bahnhof aus den Reihen der Gegendemonstranten Glasflaschen und Eier sowie ein Böller in Richtung der Polizeikräfte geworfen. Eine Beamtin und ein Beamter erlitten durch den Böller ein Knalltrauma und mussten behandelt werden. Am Geislinger Bahnhof wurden zwei Kabelschächte durch einen Brandanschlag beschädigt, der Zugverkehr war für etwa eine Stunde unterbrochen, der Schaden beläuft sich auf 15 000 Euro.

Begonnen hatte alles zunächst recht harmlos: Das Wetter war ungefähr genauso trübe wie die schwarz gekleideten Gestalten, die kurz nach 9.30 Uhr über die Schubartstraße in die Fußgängerzone einmarschierten und sich am Forellenbrunnen postierten. Erste Streifenwagen der Polizei hatten sich bereits kurz vor 9 Uhr eingefunden, und als der ganze Zirkus begann, da glich der Bereich zwischen Altem Zoll und Rathaus einer Festung.

Zehn Polizeifahrzeuge, 80 aufgerüstete Beamte und die zwei Gruppen von Demonstranten standen sich gegenüber. Denn im Bereich vor dem Geislinger Rathaus hatte die vom Bündnis „Kreis Göppingen Nazifrei“, der Partei „Die Linke“ und der Gewerkschaft Verdi beantragte Gegendemo rasch Zulauf gefunden. Rund 100 Nazigegner skandierten „Nazis raus“, mit Trillerpfeifen und Rätschen wurde eine Lärmkulisse aufgebaut, die selbst die Megafon-Ansprachen der NPD-Demonstranten übertönte. Die Strategie von Revierleiter Manfred Malchow war schnell erkennbar, beide Gruppen durften sich keinesfalls zu nahe kommen. Brav verlas der NPD-Landesgeschäftsführer Alexander Neidlein im Nieselregen seitenweise die 22 Auflagen-Punkte, die ihm Ordnungsamtsleiter Paul Thierer im Vorfeld der Demo hatte zukommen lassen. Paul Thierer selbst verfolgte zusammen mit Holger Scheible als OB-Stellvertreter vom Rande aus das Geschehen. Und nach weiteren unverständlichen Worten eines NPD-Kundgebungs-Redners war eigentlich auch schon der ganze Spuk vorbei, von dem nur eine überschaubare Schar an Passanten überhaupt Kenntnis genommen hatte.

Die etwa 50 bis 60 Rechtsextremen, die aus Ulm und Göppingen angereist waren, hatten gegenüber Revierleiter Manfred Malchow deutlich gemacht, dass sie um 10.33 Uhr mit dem Zug nach Süßen weiterfahren wollten, dort war eine weitere Kundgebung angesetzt. Die Weiterfahrt der Demonstrationsteilnehmer mit der Bahn verzögerte sich allerdings um eine Stunde durch die Brandanschläge. Es wurden im Bahnhofsbereich Kanister gefunden; die Kripo ermittelt, erklärte Malchow gegenüber der GZ.

In Eislingen und Göppingen kam es im Laufe des Samstagnachmittags zu weiteren Demonstrationen. In Göppingen wurden die Redner der Rechtsextremen von rund 500 Gegendemonstranten übertönt. Am Bahnhof in Göppingen wurden erneut Gegenstände aus den Reihen der Gegendemonstranten geworfen. Ein Versammlungsteilnehmer wurde von einer Glasflasche am Kopf getroffen und leicht verletzt.“Wir verurteilen, dass Eier und andere Dinge geflogen sind“, sagte der Sprecher des Bündnisses gegen Nazis, Alex Maier. Laut Manfred Malchow bedauern auch die Geislinger Stadträte Holger Schrag (Linke) und Bernhard Lehle (Grüne) die Ausschreitungen aus den Reihen der Nazi-Gegner. Manfred Malchow weiß aber aus Erfahrung, dass sich die Chaoten zumeist unter die „redlichen Demonstranten“ schmuggeln, um von hier aus gewalttätig zu werden.

Die Geislinger Demonstrationen waren im Vorfeld bei Geschäftsleuten auf Kritik gestoßen. Ordnungsamtschef Thierer machte gegenüber der GZ deutlich, dass er die Demos in der Fußgängerzone hätte nur von hier verbannen können, wenn Wochenmarkt oder eine andere Veranstaltung dort über die Bühne gegangen wäre.

Quelle: SWP